Atom-Reaktor Fessenheim
Südbaden. Am Tag nach dem Besuch des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy im elsässischen Atomkraftwerk in Fessenheim macht sich in der politischen Landschaft Südbadens Katerstimmung breit: Fessenheim bleibt auch zukünftig am Netz.
Sarkozy hatte bei einem Wahlkampfauftritt in Fessenheim am Donnerstag versichert, dass er keine Zweifel an der Reaktorsicherheit des ältesten AKW Frankreichs habe und dass er nicht vorhabe, das umstrittene AKW abzuschalten. Bei der Belegschaft des AKW hatte sein Besuch stürmischen Applaus hervorgerufen, bei der Umweltbewegung in der Region wurde er hingegen scharf kritisiert. Parteiübergreifend äußersten sich südbadische Politiker am Freitag zudem enttäuscht von Sarkozy.
Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Die Grünen) sagte, er bedaure die „starre Haltung“ des Präsidenten beim Thema Atomkraft: „Der Staatspräsident verschließt die Augen vor der Realität und ignoriert die Sorgen der Menschen und politischer Vertreter aller Parteien im Elsass“ stellte Salomon fest. Die Fessenheim-Debatte müsse erneut Thema eines deutsch-französischen Gipfeltreffens werden, forderte der Politiker weiter. Auch im Elsass hätten sich rund 400 Politiker über Parteigrenzen hinweg gegen den Fortbetrieb des AKW ausgesprochen.
Die südbadische CDU sieht nun die Bundes-CDU am Zug: Es gilte nun, in Frankreich für eine Abschaltung des elsässischen Kernkraftwerks Fessenheim zu werben. „Risiken machen nicht an Grenzen Halt, deshalb muss Fessenheim abgeschaltet werden", so der CDU-Bezirksvorsitzende Andreas Jung. Er habe sich daher an Umweltminister Norbert Röttgen sowie an CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gewandt und an die CDU-Forderung erinnert, die Abschaltung von Kernkraftwerken im Grenzgebiet zu forcieren, „die in Alter und Beschaffenheit jenen Kraftwerken entsprechen, die in Deutschland aufgrund der neuen Risikobewertung abgeschaltet wurden". Jungs Parteifreund Patrick Rapp, der Landtagsabgeordneter im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald ist, kritisierte Sarkozys Entscheidung als „nicht nachvollziehbar“.
Sarkozy hatte am Donnerstag in Fessenheim vor 1.200 geladenen Zuhörern unmissverständlich pro Atomkraft argumentiert. In Frankreich würden 240.000 Jobs an den Atomkraftwerken hängen, eine Schließung von Fessenheim würde dazu führen, dass das Land 400 Millionen Euro in den Zukauf von Strom aus dem Ausland stecken oder 2.500 Windräder bauen müsse. Die französische Tageszeitung Dernières Nouvelles d'Alsace schrieb am Freitag dennoch, dass es fraglich sei, ob Sarkozy mit dieser Haltung in ganz Frankreich punkten könne. Im derzeitigen Präsidentschaftswahlkampf hat sein sozialistischer Herausforderer François Hollande die Nase vorn.
Gewählt wird in Frankreich in zweieinhalb Monaten. Hollande hat in seinem Wahlkampf angekündigt, dass er Fessenheim im Falle eines Wahlsieges schließen und Frankreich unabhängiger von der Atomenergie machen wollen